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Krawalle in Leipzig Krawalle in Leipzig: Brutale Gewalt von links

Von Alexander Schierholz 07.06.2015, 17:44
Auch das US-Generalkonsulat war Ziel der Angriffe der Linksextremisten.
Auch das US-Generalkonsulat war Ziel der Angriffe der Linksextremisten. DPA Lizenz

Leipzig - Diesmal sind sie sogar bei der Linken ratlos - und wütend. „Ich weiß nicht, wer dahintersteckt“, sagt Juliane Nagel. Dieser „bloße Zerstörungsakt“ aber diskreditiere friedliches zivilgesellschaftliches Engagement aus dem linken Spektrum, ärgert sich die Leipziger Linken-Landtagsabgeordnete über die jüngsten Krawalle. In der Nacht zum Sonnabend hatten rund 100 teils Vermummte in der Innenstadt mit Brandsätzen und Steinen Scheiben, Wartehäuschen und Autos demoliert. Unter anderem waren das Bundesverwaltungsgericht und das US-Konsulat attackiert worden. Die Bilanz: mehrere verletzte Polizisten, eine vorläufige Festnahme.

Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs dauern an

Die Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs dauern an, doch Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz ordnet die Täter dem militanten linksextremen Spektrum zu. Leipzig hat offenbar ein Problem mit linker Gewalt. Es sind die fünften Ausschreitungen seit Jahresbeginn. Anfang Januar wird eine Polizeistation im als linksalternativ geltenden Stadtteil Connewitz mit Steinen angegriffen. Eine Woche später ziehen 600 Randalierer durch die Innenstadt und zerstören Schaufensterscheiben. Im März und im April folgen Angriffe auf Gebäude der Staatsanwaltschaft und der Ausländerbehörde.

Zum fünften Mal in diesem Jahr haben Vermummte in Leipzig randaliert. Eine Übersicht der Krawalle:

7. Januar:

Etwa 50 Vermummte greifen eine Polizeistation in Leipzig-Connewitz an. Sie werfen Flaschen, Steine und Farbbeutel. Zwei Polizisten in dem Gebäude bleiben unverletzt. Ein anonymes Bekennerschreiben bringt die Attacke in Zusammenhang mit dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh, der vor rund zehn Jahren unter ungeklärten Umständen in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte.

Rund 600 Randalierer versammeln sich in der Innenstadt. Hauswände werden mit Anti-Pegida-Schriftzügen besprüht. Am Amtsgericht werden 40 Fensterscheiben eingeworfen. Die Polizei geht davon aus, dass der zunächst ungeklärte, gewaltsame Tod eines Asylbewerbers in Dresden der Auslöser für die Krawalle war.

Rund 50 Vermummte randalieren vor dem Gebäude der Staatsanwaltschaft in Leipzig. Sie sprühen Parolen („Gegen Repression und Staat“) und ein Antifa-Zeichen an die Wand. Ein Bekennerschreiben im Internet bringt die „Spontandemo“ in Zusammenhang mit den Blockupy-Protesten in Frankfurt/Main.

Mutmaßlich linksextreme Angreifer versammeln sich vor der Ausländerbehörde im Technischen Rathaus der Stadt Leipzig. Sie zertrümmern 42 Fensterscheiben und sprühen den Schriftzug „#STOPASYLLAW“ auf die Fassade. Auf einer linken Internetplattform kursiert ein Bekennerschreiben, wonach die Attacke ein Protest gegen die Asylpolitik der Bundesrepublik sein sollte.

Rund 100 teils vermummte Randalierer laufen Richtung Bundesverwaltungsgericht. Sie zünden eine Barrikade aus Reifen an und werfen Molotowcocktails. Drei Polizeiautos werden demoliert. Mehr als 200 Steine fliegen, unter anderem auf das Gericht. Die Polizei schließt nicht aus, dass die Randale eine Reaktion auf die hohen Sicherheitsvorkehrungen beim G7-Gipfel waren.

In fast allen Fällen tauchten Bekennerschreiben auf, in denen unter anderem Protest gegen die deutsche Asylpolitik geäußert wird. Im jüngsten Fall aber: Fehlanzeige. Die Hintergründe der Krawalle vom Wochenende sind noch völlig unklar. Die Polizei schließt einen Zusammenhang mit dem G-7-Gipfel in Bayern nicht aus. Es ist aber bislang nichts bekannt, was darauf hindeutet.

Umso augenfälliger ist die brutale Gewalt, mit der die Randalierer vorgehen. Während wenige hundert Meter weiter auf dem Marktplatz friedlich das Stadtfest zum 1 000-jährigen Stadtjubiläum gefeiert wird, attackieren die Gewalttäter auch Einsatzfahrzeuge der Polizei und einen zufällig vorbeifahrenden Reisebus mit Steinen. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zeigt sich am Tag danach entsetzt: „Leipzig hat in der Nacht zu Samstag erneut eine unfassbare Gewalt erleben müssen, eine Gewalt, die mit politischen Zielen nichts zu tun hat. Hier sind Kriminelle am Werk, die mittlerweile auch vor Gewalt gegen Personen nicht mehr zurückschrecken.“

Debatte über Konsequenzen

In der Lokalpolitik beginnt derweil die Debatte über Konsequenzen. Die CDU fordert, wie Jung, mehr Polizei in der Stadt. „Wir werden gemeinsam mit der Polizei vor Ort und dem Innenministerium über das Thema Polizeipräsenz reden müssen“, verkündet der OB. Die Linken-Politikerin Juliane Nagel, die auch im Stadtrat sitzt, glaubt, dass das nichts bringt. Auch mit mehr Polizisten würden sich solche spontanen Aufmärsche wie in der Nacht zum Sonnabend nicht verhindern lassen. Wie dann, weiß Nagel aber auch nicht. „Ich bin ratlos, was der richtige Weg ist.“

Auch Leipzigs Polizeipräsident Merbitz fordert: „Wenn wir Präsenz zeigen wollen, brauchen wir mehr Polizeikräfte.“ Eine deutliche Ansage an seinen Dienstherrn, Innenminister Markus Ulbig (CDU). Ulbig sichert Merbitz nach den Wochenend-Krawallen zwar „volle Unterstützung“ zu und verspricht, die Polizei-Arbeit gegen Linksextremismus neu aufzustellen.

Mehr Beamte aber - das dürfte schwierig werden. Ulbig ist als Innenminister nämlich auch verantwortlich für den Personalabbau bei der sächsischen Polizei in den zurückliegenden Jahren. Dessen Folgen bekam auch Leipzig bereits zu spüren. Im Februar sagte die Stadtverwaltung eine Demonstration der islamfeindlichen Legida-Bewegung ab, weil nicht genug Polizisten zur Verfügung standen. Es folgte ein bizarrer Streit zwischen Ulbig und Jung, in dem beide sich die Schuld für die Demo-Absage zuschoben. Nun soll eine Fachkommission überprüfen, ob die Polizeireform übers Ziel hinausgeschossen ist.

Polizeichef Merbitz denkt derweil über die Einrichtung einer Sonderkommission nach, die sich mit Aufklärung der Gewaltexzesse seit Jahresbeginn befassen soll. (mz)

Spuren der Gewalt am Gericht
Spuren der Gewalt am Gericht
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Kriminaltechniker sichern Spuren am Bundesverwaltungsgericht.
Kriminaltechniker sichern Spuren am Bundesverwaltungsgericht.
dpa Lizenz