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Nahverkehr in Dresden Köln & Berlin Nahverkehr in Dresden Köln & Berlin: Immer mehr Elektrobusse im Linienverkehr

Von Christian Schafmeister 07.04.2015, 04:58
In Dresden testet das Fraunhofer Institut derzeit einen Elektrobus auf der Linie 61. Ab Sommer wollen die Verkehrsbetriebe der Stadt eine komplette Linie auf den umweltfreundlichen Antrieb umstellen.
In Dresden testet das Fraunhofer Institut derzeit einen Elektrobus auf der Linie 61. Ab Sommer wollen die Verkehrsbetriebe der Stadt eine komplette Linie auf den umweltfreundlichen Antrieb umstellen. Fraunhofer Institut Lizenz

Dresden - Die positiven Ergebnisse des Elektrobus-Tests in Dresden verblüffen selbst die beteiligten Fachleute. Momentan verkehrt ein Fahrzeug auf einer anspruchsvollen, gut 19 Kilometer langen Linie der Dresdner Verkehrsbetriebe, die bis hoch in die Elbhänge führt. Das Überraschende dabei ist: Der Energieverbrauch ist dort kaum höher als in flachen Abschnitten. Denn führt die Fahrt wieder hinunter, kann der Motor wie ein Generator genutzt und damit Energie zurückgewonnen werden. „Wir sind nach den Erfahrungen selber überrascht, wie viele Linien schon heute mit einem Elektrobus abgedeckt werden könnten“, berichtet Thoralf Knote vom Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme, das den Test durchführt.

Pünktlich und zuverlässig

Zuvor war der Elektrobus drei Monate auf einem gut 14 Kilometer langen Teilstück der Linie 61 unterwegs. „Schon das hat sehr gut funktioniert.“ Nach jedem Rundkurs wurde die Batterie des Fahrzeuges an der Endhaltestelle über einen ausklappbaren Stromabnehmer innerhalb von gut vier Minuten wieder geladen. „Somit hatten wir keinerlei Beeinträchtigungen des Fahrplanes“, sagte der Wissenschaftler. Auch die Technologie habe sich als „äußerst zuverlässig erwiesen“.

Die Dresdner Verkehrsbetriebe fühlen sich nach diesen Erfahrungen in ihrem Ansatz bestärkt. Spätestens ab Sommer soll eine erste Linie ausschließlich per Elektrobus betrieben werden. Langfristiges Ziel ist es, alle Linien umzustellen.

Dresden ist kein Einzelfall. Immer mehr kommunale Verkehrsbetriebe setzen auf Elektrobusse. In Köln und Berlin werden Mitte des Jahres ebenfalls erste Linien komplett umgestellt. Der Vorteil für die Umwelt liegt auf der Hand. Die acht Elektrobusse, die die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) auf der sieben Kilometer langen Linie 133 einsetzen wollen, reduzieren den jährlichen CO2 -Ausstoß um 520 Tonnen. Wie die konventionellen Fahrzeuge hat der Elektrobus 48 Sitz- und 110 Stehplätze. „Für die Fahrgäste gibt es also keinen Unterschied“, sagt Sprecher Stephan Anemüller.

Problematisch, räumt er ein, seien aber die hohen Investitionskosten. So sei ein Elektrobus meist noch doppelt so teuer wie ein Dieselbus. „Ohne Fördermittel hätten wir das Projekt daher nicht umsetzen können.“ Dennoch glauben die KVB, mit den Elektrobussen schon heute Geld sparen zu können. So entfalle die aufwendige Wartung der Technik zur Abgasnachbehandlung. Zudem wollen man sich vom Dieselpreis entkoppeln und hofft so, noch wirtschaftlicher arbeiten zu können, erklärt Anemüller. Und auch Olaf Wollersheim, Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), hält den Ausbau des Elektrobus-Systems für sinnvoll - ökologisch und ökonomisch.

Weitere Informationen und Hintergründe zum Einsatz von Elektrobussen lesen Sie auf Seite 2.

Nach seinen Berechnungen bringen 11 000 Elektrobusse die selbe CO2 -Ersparnis wie die eine Million Elektroautos, die nach den Plänen der Bundesregierung 2020 auf deutschen Straßen unterwegs sein sollen. Der entscheidende Unterschied: Die Kosten für die Anschaffung der Elektroautos liegen bei 26 Milliarden Euro, für die 11 000 Elektrobusse fallen dagegen nur Kosten von sechs Milliarden Euro an - macht einen Unterschied von 20 Milliarden Euro.

„Wir wollen natürlich das, was auch volkswirtschaftlich sinnvoller ist“, sagt Wollersheim. Zumal die Bus-Variante ohne Probleme in der selben Zeit umsetzbar sei. „In Deutschland werden ohnehin jedes Jahr gut 2 000 Busse neu angeschafft. Das Thema könnte also in fünf Jahren erledigt sein.“ Das Interesse bei den kommunalen Verkehrsbetrieben sei vorhanden, sagt der Karlsruher Forscher. Was fehle, seien entsprechende Angebote der deutschen Bus-Hersteller. Die hätten zu lange nur auf Hybrid-Modelle gesetzt - ein Fehler, betont Wollersheim. „Daher müssen sich die Verkehrsbetriebe nun häufig noch handgeschnitzte Elektrobus-Exemplare im Ausland bestellen.“

So haben auch die Berliner Verkehrsbetriebe die vier Elektrobusse, die ab diesem Sommer auf der Linie 204 verkehren, beim polnischen Hersteller Solaris bestellt, der seine Fahrzeuge schon an einige Verkehrsbetriebe verkauft hat. „Die deutschen Hersteller könnten durchaus einen Zahn zulegen“, betont auch Falk Lösch, Sprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe, die ihren Bus ebenfalls in Polen bestellt haben. Die Erwartung hinter diesen Forderungen ist klar: Mit höheren Stückzahlen würden die Preise sinken. Der Verband der Automobilindustrie wollte sich zu der Kritik der Verkehrsbetriebe und des KIT übrigens nicht äußern.

Bessere Reichweite als Ziel

Doch es geht nicht nur um die Kosten, sondern auch um die Technik. „Elektrobusse haben derzeit eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern, viele Stadtwerke wünschen sich aber mindestens 250 Kilometer“, erklärt Wollersheim. Bis es so weit ist, fahren viele Verkehrsbetriebe doppelgleisig. Tagsüber werden die Batterien an den Endhaltestellen innerhalb weniger Minuten per Stromabnehmer oder unterirdischer Ladeplatte nachgeladen. Und nachts werden die Batterien im Depot wieder voll aufgeladen.

Obwohl es also noch einige Herausforderungen gibt, gehöre dem Elektrobus die Zukunft, betont der Wissenschaftler vom KIT. „Das Modell wird sich auf jeden Fall gegenüber dem Dieselbus durchsetzen, daran habe ich keine Zweifel.“

Mit einem ausklappbaren Stromabnehmer wird an der Endhaltestelle die Batterie wieder aufgeladen.
Mit einem ausklappbaren Stromabnehmer wird an der Endhaltestelle die Batterie wieder aufgeladen.
Fraunhofer Institut Lizenz