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"Salafisten gegen Hooligans" auf pi-news "Salafisten gegen Hooligans" auf pi-news: Rechte feiern das "Wunder von Köln"

Von Christian Parth 27.10.2014, 12:31
"Ganze Kerle. Kompakte Typen": Die Rechten feiern ihre Randale am Hauptbahnhof als "Wunder von Köln".
"Ganze Kerle. Kompakte Typen": Die Rechten feiern ihre Randale am Hauptbahnhof als "Wunder von Köln". dpa Lizenz

Köln - Wer noch immer Zweifel haben sollte, wer da am gestrigen Herbstsonntag am Kölner Hauptbahnhof aufmarschiert ist, vernunftbegabte Verteidiger der Freiheit oder dumpfe Rechte mit Affinität zu Gewalt und Dosenbier, dem sei  als Lektüre der Blog „Politically Incorrect“ empfohlen. Schon der Einstieg ist fulminant. „Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen“, schreibt der Autor in seinem Artikel mit dem Namen „Das Wunder von Köln“. Der Protestzug „Hooligans gegen Salafisten“ sei nur ein Anfang, der den ersten Montags-Demonstrationen in  der damaligen DDR entspreche. Nicht Intellektuelle hätten damals den Umsturz bewirkt, sondern „echte Männer, die ihr Gesicht für unser deutsches Vaterland gezeigt haben“.

Ein Männerschlag, für den der Autor offenbar große Sympathien hegt. „Ganze Kerle. Kompakte Typen“, seien in Köln auf die Straße gegangen. „Testosteron ist gut“, denn Salafisten könne man nicht mit Bonmots, sondern nur mit physischer Präsenz in ihre Schranken weisen. Der Autor schreibt sich in Wallung, wer weiterliest, der hört im Kopf schon den Führer sprechen: „Deutschlandfahnen wehten fröhlich und bekannten sich zum Vaterland.“ Ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus? I wo, ganz im Gegenteil, meint pi-news:  „Nazifahnen? Es wurde nicht eine einzige gesehen! Dafür eine Türkenfahne mit dem Bekenntnis zu Atatürk, dem Vater der laizistischen Türkei.“

Rechte Gesinnung

Für den Text zeichnet ein gewisser Iuvenal verantwortlich. So hieß im zweiten Jahrhundert nach Christus ein römischer Satirendichter. Doch was da auf pi-news zu lesen ist, hat weder mit hoher Dichtkunst noch mit feiner Satire zu tun. Man könnte von plumper Hetzschrift reden, von verblendeten Nationalisten und Rechtsradikalen. Doch all diese Begriffe sind schlicht zu wenig, zu gering, zu verharmlosend.

Die Seite pi-news feiert in diesem Jahr bereits ihr zehnjähriges Bestehen. Gegründet wurde sie im Jahr 2004 vom Kölner Sportlehrer Stefan Herre, der sich selbst als ein „Dorn im Auge der Mächtigen“ bezeichnete. Die Zugriffszahlen schnellten rasch in die Höhe. Damals durfte Herre als Phänomen der neu entstandenen Blogosphäre seine Ansichten auch in großen Medien verbreiten. Er wolle nicht plump anti-islamisch daherkommen, hat er immer wieder betont.

Um eine gewisse politische Balance herzustellen, schrieb er sich von Beginn an die Attribute „proamerikanisch“ und „prosisraelisch“ auf die Fahnen. Und noch heute werden auf den Seiten Radtouren durch Israel beworben, der jüdische Journalist und bekennende Islamkritiker Ralph Giordano, der damals die Diskussion um den Bau der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld mit in Gang gesetzt hatte, wird gar mit Gesicht gezeigt und so gegen seinen Willen zum Sympathisanten gemacht. Die bedingungslose Unterstützung für den jüdischen Staat hat bei den Machern der pi-News System. Es ist seit jeher ihr Mittel, um die rein rechte Gesinnung zu kaschieren.

Internetseite anonymisiert

Herre zog sich 2007 nach eigenen Angaben als Verantwortlicher für die Seiten zurück. Danach soll eine Pfarrerin aus der Schweiz die Aufgaben übernommen haben. Ob sie noch immer an der Spitze des Blogs steht, ist unklar. Die Seiten liegen mittlerweile auf ausländischen Servern, Angaben über den Besitzer gibt es nicht, da die Internet-Domain inzwischen geschützt ist. Nach Angaben von whois2.org nehmen die pi-news dabei die Dienste von PROTECTED DOMAIN REG LTD mit Sitz in London in Anspruch. Die Firma wiederum gehört einem Meral Kerem, der sich auf die Anonymisierung von Internetadressen spezialisiert hat. Ob Gründer Herre noch immer mitmischt, ist ebenfalls unklar. Angeblich soll er, so heißt es in verschiedenen Quellen, noch zum Führungszirkel der Gruppierung gehören.

In seinem Artikel betont Iuvenal schließlich die „Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit“ der Demonstranten. Einen Satz später schreibt er: „Klar, es sind ein paar Böller geflogen, ein Polizei-Bulli legte sich auf die Seite, und angeblich sollen Polizisten verletzt worden sein.“ Aber wo gehobelt werde, da fielen eben auch Späne. Eine geistige Kehrtwende in nur einem Absatz, das wäre vermutlich selbst dem römischen Satiriker nicht geglückt.

Am Ende preist der Urheber der Schrift noch einmal die „deutschen Männer“, die es wohl doch noch gebe. Nach Ansicht der Bundesregierung bewegt sich der Blog übrigens nur an der Schwelle zur Verfassungsfeindlichkeit. "Bei PI News handelt es sich um eine islamkritische, populistische und an der Grenze zu einer verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit stehende Webseite, die insbesondere in den Kommentarbereichen in zum Teil drastischer Weise eine starke Ablehnung gegenüber dem Islam erkennen lässt", hieß es in einer Stellungnahme vom Juni 2014.

Umgeworfener Polizeibus in Köln: "Friedfertig und gewaltlos", schreibt pi-news im Internet.
Umgeworfener Polizeibus in Köln: "Friedfertig und gewaltlos", schreibt pi-news im Internet.
dpa Lizenz